Die kleinen Dinge…
Nicht jede Zugfahrt gerät ja zur Katastrophe, aber erleben lässt sich immer etwas. Es sind manchmal die kleinen Dinge, die einem so unerwartet Unterhaltung verschaffen.
Ruhebereich ICE
Zug fahren im „Ruhebereich“ ist ja immer so ein zweischneidiges Ding:
Ganz sicher ist es nicht verboten weiter miteinander zu sprechen und vom Netflixen bis zum Spielchen am Tablet ist eigentlich auch alles erlaubt, so fern man es leise macht.
Aber wie kommt eigentlich die Reisegruppe junger Paare mit Kleinkind auf die Idee, sich im Ruhebereich an den Tischen zu platzieren, und sich dann vom Tisch rechts zum Tisch links zu unterhalten, während das Kleinkind wie erwartet immer wieder herumquäkt?
Immerhin: Man ist heutzutage ja schon froh, wenn alle Masken tragen!
Tarifzone D
Schon von Beginn an war ja klar: Heute brauche ich Sitzfleisch!
Baustellenumleitung auf der Strecke Berlin-Hamburg, was eine ganze Stunde mehr Fahrtzeit ausmacht. Man könnte also auch sagen, ich wäre zeitmäßig mit dem Auto gefahren, oder?
Man nimmt die Umleitung als Bahnfahrer ja ohnehin viel geduldiger in Kauf als diese Alleinfahrer in den Blechkisten den Stau an der menschenleeren Autobahnbaustelle. Es winkt schließlich die Belohnung in Form schnellerer und häufigerer Verbindungen zwischen dem fetten B und dem Doppel-H.
Die ist, zeittechnisch gesehen, ohnehin schon so schnell, dass Hamburg, von Berlin aus betrachtet, irgendwie ja nur in Tarifzone D liegt.
Unsereins verbringt an manchen Tagen deutlich mehr Zeit im Zug, wenn man nur versucht von Frohnau nach Blankenfelde zu kommen.
Stendal und die Relativitätstheorie
Wieso aber hält ein ICE, der ja sonst zwischen Spandau und Hamburg nicht mal mehr für Tiere gebremst hätte dann auf der Umleitung bitte in Stendal und Salzwedel?
Hört man nicht auf den Zugbegleiter, landet man da beim Aussteigen aus dem letzten Wagen sogar schmerzhaft im Schotter, weil der Zug länger ist, als der Platz zwischen dem Ortseingangs- und Ortsausgangsschild.
Man könnte, so die Theorie, bei der schieren Länge manchen Zuges eine 10-Minuten-Verspätung mindestens halbieren, wenn man vom Zugende nach vorne in den Speisewagen läuft. Die Frage ist nur, wie viel Zeit außerhalb des Zuges dabei vergeht.
Komfort-Helau
Wenn man schon im Ruhebereich sitzt, kann man ja auch noch den Luxus des Komfort-Check-Ins in Anspruch nehmen.
Manchmal frage ich mich dabei zwar, ob ich den Zug wohl bald auch noch selber fahren muss, aber womöglich wäre ich da manchmal auch pünktlicher am Ziel – zumindest hielte ich nicht in Stendal.
Immerhin muss ich aber niemandem mein Ticket zeigen und bleibe ungestört. So zumindest der Plan.
Aber kaum hat man es sich so richtig bequem gemacht, da fliegt die Waggontür auf und das Kölner Dreigestirn, in Form eines einzelnen, sehr gut gelaunten Zugbegleiters nimmt die Ticketkontrolle in Form einer Büttenrede vor.
Ich sehe im Geiste Kamellen fliegen und irgendwo ertönt das „Tätäää“.
Kölner-Frohnaturen haben ja für jeden einen netten Satz, also auch für den mit Komfort-Check-In, was ja nicht so Sinn der ganzen Geschichte ist. Konfettireste regnen auf den leeren Sitz neben mir, als der Mann weitereilt.
Immerhin ein Mensch, der seinen Job gerne macht und wahrscheinlich auch die Beförderungsbedingungen unterhaltsam vorlesen könnte.
Seinen Job zu mögen hilft ungemein bei der Arbeit.