Mythen in Tüten: Der tote Winkel sitzt hinter dem Steuer
Immer wieder wird eine Diskussion darüber entfacht, dass Radfahrer neben LKW in den sogenannten „toten Winkel“ geraten und dann von den Fahrern „übersehen“ und letztlich überrollt werden.
Mythos „toter Winkel“
Bemüht wird dieser Mythos auch dann immer gerne, wenn es darum geht, das Autofahrende beim überholen von Radfahrern einen Mindestabstand von 1,50 m einhalten sollen, was unstrittig durch die StVO ( §5 Absatz 4) und Urteile darüber festgelegt ist. Dieser Abstand ist immer einzuhalten, auch wenn Radfahrende sich auf einem Schutzstreifen oder einem benutzungspflichtigen Radweg befinden. Kann kein der Situation angemessener Abstand gehalten werden, darf nicht überholt werden.
Wenn Autofahrende diesen Abstand einhalten müssen, so finden sie, Radfahrende sollten dann auch nicht rechts am stehenden Verkehr vorbei bis z.B. zur Ampel an den Autos vorbeifahren dürfen, da hielten sie ja auch keinen Abstand ein. Richtig.
Das ist bei stehendem Verkehr aber erlaubt (StVO §5 Absatz 8). Stehender Verkehr ist etwas anderes als fließender Verkehr.
Das Argument lautet weiter, dass sich damit ja auch Radfahrende in die diversen „toten Winkel“ der Autos und LKW begeben würden, in denen man sie dann beim Abbiegen „übersehen“ würde.
Problem Fahrer
Dummerweise lassen sich selbst Fernsehsender dazu herab, offensichtlichen Unsinn zu verbreiten, denn schon bei derzeit vorgeschriebenen und korrekt eingestellten Spiegeln kann dem LKW-Fahrer der Mensch im „toten Winkel“ nicht entgehen.
Doch der Reporter ist im Beitrag die ganze Zeit sichtbar im Spiegel. In die muss man natürlich dann auch gucken…
Warum lügt die @aktuelle_stunde ? Der Reporter ist ganz klar im Spiegel zu sehen. Die gesamte Zeit. Es gibt keinen toten Winkel. Sondern nur Menschen die nicht in den Spiegel schauen, falsch eingestellte Spiegel oder Menschen die unaufmerksam sind. pic.twitter.com/m5na6I3zLJ
— Angelo (@Angelo_Rad) 26. Januar 2019
Bei öffentlichen und sicher auch bei einigen privaten Flotten-Inhabern sind solche Anlagen, in denen der Fahrer die Spiegel korrekt ausrichten kann, durchaus Gang und Gäbe und falsch eingestellte Spiegel also ohnehin mangelnde Sorgfalt des Fahrers. Genau wie kaputte Lichter u.ä.
Liebes @ardmoma!
Bitte verbreiten sie keine Lügen!
Bei Lkw mit gesetzlich vorgeschriebenen und korrekt eingestellten Spiegeln gibt es keinen „toten Winkel“.
Das bestätigt auch die @PolizeiHamburg pic.twitter.com/mYnsqq4Y9J— ⓟⓔⓡ ⓑⓘⓚⓔ 🚴 (@per_bike_berlin) 23. Januar 2019
Ganz offensichtlich scheint dagegen, dass die korrekte/falsche Spiegeleinstellung im Falle eines Unfalls offenbar nicht polizeilich dokumentiert wird und die Fahrer mit dem Wort „übersehen“ zu oft vor Gericht durch kommen. Das ist aber durchaus ein wichtiges Argument für die Urteilsfindung!
Falls ihr also noch am Leben seid, wenn ihr unter dem LKW liegt, weist die Polizei darauf hin…
Für die Fahrer von allem, was sich heutzutage PKW nennt, gibt es ja schon lange keine Ausreden mehr, denn bei jedem Spurwechsel oder Abbiegevorgang ist der Schulterblick verpflichtend. Kommt der nicht, ist das leider nur eine Ordnungswidrigkeit.
Den wegzulassen bringt Radfahrende stets in Gefahr.
Aus eigenem Erleben ist den Fahrern aber oft wichtiger, den Partner zu Hause von der baldigen Ankunft via Smartphone zu berichten, als beidhändig mit Schulterblick das Fahrzeug zu lenken.
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